Die Lage junger Menschen in Deutschland 17. Kinder- und Jugendbericht

Am 18. September 2024 hat Bundesjugendministerin Lisa Paus gemeinsam mit Mitgliedern der Sachverständigenkommission den 17. Kinder- und Jugendbericht vorgestellt. Das Bundeskabinett hatte zuvor eine Stellungnahme dazu abgegeben. Beide Dokumente gingen anschließend dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zu. 

Der 17. Kinder- und Jugendbericht ist, wie jeder dritte Bericht, ein Gesamtbericht und liefert ein umfassendes Bild von der Lage der jungen Generation und der Situation der Kinder- und Jugendhilfe. Bei der Erstellung des Berichts hat die Sachverständigenkommission großen Wert auf eine umfängliche Beteiligung junger Menschen gelegt. Insgesamt hat sie rund 5400 junge Menschen zwischen fünf und 27 Jahren zu verschiedenen Fragestellungen beteiligt. 

Zentrale Aussagen des Berichts

  • Die heutige junge Generation ist so vielfältig wie nie zuvor. Bei aller Vielfalt haben junge Menschen eines gemeinsam: Für gutes Aufwachsen benötigen sie Orientierung und Sicherheit. Das ist gerade in der aktuellen dynamischen und unsicheren Zeit besonders wichtig. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene stehen vor komplexen Herausforderungen, vor allem durch eine alternde Gesellschaft, globale Fluchtmigration, den Verlust der vermeintlichen Selbstverständlichkeit von Frieden in Europa, eine Demokratie unter Druck, den Klimawandel, zunehmende Digitalisierung und Mediatisierung und die Nachwirkungen der Pandemie. 
  • Wie stark junge Menschen von diesen Entwicklungen betroffen sind, unterscheidet sich sehr - je nachdem, unter welchen Bedingungen und mit welchen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen sie aufwachsen. Viele junge Menschen haben, so formuliert es die Berichtskommission, nach wie vor "gute Gründe" für Zuversicht. Der Bericht zeigt aber auch: Das Zukunftsvertrauen ist insgesamt gesunken.
  • Zuversicht braucht Vertrauen! Politik und Gesellschaft sowie speziell die Kinder- und Jugendhilfe sind gefragt, auch in schwierigen Zeiten mit knappen Kassen jungen Menschen vertrauenswürdige Rahmenbedingungen mit starken und Angeboten und Leistungen zu bieten.
  • Unsere Gesellschaft verfügt über vielfältige Ressourcen. Noch immer gelingt es Politik und Gesellschaft aber nicht, diese Ressourcen allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gleichermaßen zugänglich zu machen.
  • Die Kinder- und Jugendhilfe ist trotz der Ausnahmesituationen der letzten Jahre funktionsfähig, stößt aber zunehmend an Grenzen. Vor allem der Fachkräftemangel macht ihr zu schaffen. Um ihren wachsenden Aufgaben nachkommen zu können, ist die Kinder- und Jugendhilfe auf eine auskömmliche Finanzierung und Planungssicherheit angewiesen.
     

Inhalte des Berichts

  • Der 17. Kinder- und Jugendbericht betrachtet zunächst die aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese sind zum einen mit globalen Dynamisierungsprozessen verbunden und zum anderen mit dem Wandel und den sozialen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft. Genauer analysiert werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Themen Flucht und Klimagerechtigkeit, der Wegfall der Selbstverständlichkeit von Frieden, aber auch Demokratiefeindlichkeit und Digitalisierung. Weitere Kapitel befassen sich mit Vielfalt, mit räumlichen Disparitäten, mit dem demografischen Wandel sowie mit Veränderungen der Arbeitswelt und dem Fachkräftemangel.
  • Unter der Überschrift "Jungsein heute" wechselt der Bericht dann konsequent die Perspektive und liefert eine Darstellung des Aufwachsens unter den genannten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen - sowohl aus Sicht junger Menschen selbst als auch aus der Perspektive der Kommission. Eingangs werden dafür die unterschiedlichen Lebensphasen Kindheit, Jugend und junges Erwachsenenalter betrachtet. 
  • Der Bericht unterzieht auch die Kinder- und Jugendhilfe einer gründlichen Analyse – ihren Auftrag, ihre Adressatinnen und Adressaten sowie ihre Strukturen und Angebote. Der Bericht prüft zudem, inwiefern die Kinder- und Jugendhilfe ihre Potenziale ausschöpft, wirksam zum Abbau sozialer Benachteiligungen beizutragen. 
  • Schließlich formuliert die Kommission zehn Leitlinien für eine Kinder- und Jugendhilfe, die dazu beiträgt, dass junge Menschen zuversichtlich in die Zukunft blicken können: Die Kinder- und Jugendhilfe hat ihre eigene Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit zu beweisen, indem sie 
  1. sich als zuständig für alle jungen Menschen und Familien versteht, aber nicht für alle gesellschaftlichen Probleme, 
  2. sich am Recht auf gewaltfreies Aufwachsen orientiert, 
  3. verantwortlich ist für Partizipation und junges Engagement fördert, 
  4. ihr Handeln an der Vielfalt des Jungseins und Aufwachsens ausrichtet und offensiv für die Teilhabe aller jungen Menschen eintritt, 
  5. eine verlässliche Infrastruktur für junge Menschen bietet und diese auch einfordert, 
  6. vielfältige Wege beschreitet, eine attraktive Arbeitgeberin zu sein,
  7. wissenschaftsbasiert handelt und aufgeschlossen für neue Erkenntnisse ist, 
  8. die Digitalisierung begleitet und ihre Potenziale kritisch reflektiert,
  9. eine demokratiestärkende Interessenvertretung junger Menschen ist und
  10.  klimagerecht ist.
  • Der Bericht schließt mit Empfehlungen an Politik, Fachpraxis und Wissenschaft, die sich an den Leitlinien für eine vertrauenswürdige Kinder- und Jugendhilfe orientieren.

Die Sachverständigenkommission zum 17. Kinder- und Jugendbericht

  • Prof. Dr. Sabine Andresen, Goethe-Universität Frankfurt am Main (stellvertretende Vorsitzende)
  • Lorenz Bahr, Staatssekretär im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration in Nordrhein-Westfalen (stellvertretender Vorsitzender)
  • Prof. Dr. Karin Böllert, Universität Münster, Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (Vorsitzende)
  • Prof. Dr. Peter Cloos, Stiftung Universität Hildesheim
  • Prof. Dr. Jörg Fischer, Fachhochschule Erfurt
  • Marion von zur Gathen, Paritätischer Gesamtverband
  • Prof. Dr. Benedikt Hopmann, Universität Siegen
  • Prof. Dr. Davina Höblich, Hochschule RheinMain
  • Prof. Dr. Nadia Kutscher, Universität zu Köln (bis November 2022)
  • Dominik Ringler, Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg
  • Prof. Dr. Philipp Sandermann, Leuphana Universität Lüneburg
  • Dr. Talibe Süzen, Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt
  • Prof. Dr. Martin Wazlawik, Hochschule Hannover
  • Dr. Gabriele Weitzmann, Bayerischer Jugendring

Bislang erschienene Berichte