Sie wurden in diesem Jahr zum zweiten Mal zum Kuratoriumsvorsitzenden gewählt. Was bedeutet Ihnen persönlich die Arbeit der Bundesstiftung Mutter und Kind?
Es gibt eine gewisse Tradition, dass die Parlamentarische Staatssekretärin oder der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium sich im Vorsitz des Kuratoriums engagiert. Ich habe diese Aufgabe 2007 sehr gerne übernommen, denn die Arbeit der Stiftung, Frauen in prekären Lagen während einer Schwangerschaft unbürokratisch zu helfen, ist unverzichtbar. Jetzt freue ich mich auf die zweite Amtszeit - es gibt noch viel zu tun!
Worin liegt die gesellschaftliche Verantwortung der Bundesstiftung?
Gerade zu Beginn einer Schwangerschaft können finanzielle Notlagen Angst und Sorgen auslösen. Die zugrunde liegenden Probleme haben oft auch strukturelle Ursachen. Damit dürfen Staat und Gesellschaft die werdenden Mütter nicht alleine lassen. Schnelle und unbürokratische finanzielle Unterstützung für schwangere Frauen in besonderen Notlagen ist – wie der Name der Stiftung richtig sagt – wichtig für Mutter und Kind. Kindern erleichtert die Stiftung einen guten Start ins Leben, Müttern hilft sie in einer wirklich weichenstellenden Übergangsphase ihres Lebens. So werden Risiken minimiert, für Mütter und Kinder.
Welche Funktionen erfüllt die Bundesstiftung über die finanziellen Leistungen hinaus?
Mit ihren finanziellen Leistungen erleichtert die Bundesstiftung nicht nur den Start in die Elternschaft, sondern sie wirkt auch als Türöffnerin hinein in die Schwangerschaftsberatungsstelle. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Da die Stiftungsmittel nur persönlich in einer Schwangerschaftsberatungsstelle vor Ort beantragt werden müssen, kommt dabei notwendigerweise auch die Gesamtsituation der Frau und ihres Umfelds zur Sprache. Die erfahrenen Beraterinnen können darauf vertrauensvoll und fachgerecht eingehen und der Mutter maßgeschneiderte psychosoziale Beratung sowie weiterführende Hilfen vermitteln. Zusammen mit den Schwangerschaftsberatungsstellen weist die Stiftung den Weg in das Netz der "Frühen Hilfen" und vielfältige andere Unterstützungssysteme.
Inwieweit ist die Bundesstiftung Mutter und Kind Teil einer aktiven Lebenslaufpolitik?
Mit gezielter Unterstützung in kritischen Übergangsphasen im Lebenslauf wie sie die Bundesstiftung bietet, können wir typische Lebensrisiken von Frauen besonders gut und nachhaltig auffangen. Die Entscheidung für ein Kind hat immer langfristige Auswirkungen auf das Leben auch der werdenden Mutter und ist damit eine ganz besonders sensible Übergangsphase. Das gilt umso mehr, wenn sich die Betroffenen noch aus anderen Gründen in einer Umbruchphase befinden, wie z. B. beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung oder von Ausbildung oder Studium in eine Erwerbstätigkeit, oder wenn die Partnerschaft während der Schwangerschaft zerbricht. Die Bundesstiftung setzt mit ihren Hilfen genau zu einem solchen kritischen, weichenstellenden Zeitpunkt an. Sie ist deshalb ein wirksames Instrument einer präventiven Politik der sozialen Inklusion sowie einer modernen Gleichstellungs- und Frauenpolitik.
Für 2011 bis 2013 ist eine bundesweite Evaluation der Stiftungsarbeit geplant. Welche Ziele werden mit der Evaluation verfolgt?
Mit der vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebenen Evaluation sollen die besonderen Erfolgsvoraussetzungen und die Wirkungsweise der Arbeit der Bundesstiftung systematisch untersucht werden, insbesondere das Zusammenspiel von finanziellen Hilfen und Infrastrukturangeboten, das europaweit einmalig und international vorbildlich ist. Wir möchten vor allem eine fundierte Datenbasis über die gewachsene Bedeutung der Stiftungsleistungen und deren Türöffnerfunktion in das System früher Hilfen erhalten. Unter den veränderten Herausforderungen der Beratungspraxis und angesichts oft komplexer Notsituationen Schwangerer erwarten wir für die Arbeit der Stiftung konkrete Handlungsempfehlungen wie z.B. zur Weiterentwicklung der Vergaberichtlinien.
Was erhoffen Sie sich für die zukünftige Arbeit der Bundesstiftung?
Die Bundesstiftung unterstützt jährlich etwa 150.000 schwangere Frauen in einer Notlage – eine enorme Zahl. Die zielgenaue Unterstützung in einer weichenstellenden Phase im Lebensverlauf kann nicht nur für das Leben der Betroffenen wegweisende, positive Impulse geben, sondern trägt langfristig auch dazu bei, die Sozialkassen zu entlasten. Ich wünsche der Bundesstiftung, den beteiligten Landesstiftungen und Trägern, allen Betroffenen und nicht zuletzt uns allen, dass diese gute Arbeit auf hohem Niveau weiter fortgeführt wird. Eine Herausforderung in der nächsten Zeit wird sicherlich darin bestehen, die Vergaberichtlinien so weiterzuentwickeln, dass sich möglichst noch passgenauere Unterstützungsangebote realisieren lassen. Mit der Verabschiedung des Bundeskinderschutzgesetzes und dem flächendeckenden Ausbau der frühen Hilfen wird die Bedeutung der Bundesstiftung als Wegbereiterin in das System früher Hilfen weiter steigen.